Karate hin Karate her

Wer ist noch nicht in folgende Situation geraten: …“Was du machst Karate?“… „Ja ich mache Karate…“

Dann rollen uns große neugierige Augen entgegen, die nur eines sehen können:

Karate = Handkante, schnelle Kicks, hohe Sprünge, Fäuste aus Stahl und zu guter letzt natürlich auch ein schwarzer Gürtel. Karate, bo ey… Respekt, Respekt – Angst…

Keine Ahnung diese Leute.

Da stellt sich dann jener die Frage: „Ja was ist denn nun Karate?“

Ich glaube, ich probier’s mal aus…

Karate

Was ich soll mich hinknien? – und dann auch noch barfuß auf dem kalten, schmutzigen Parkettboden. Wie bitte? Ich soll mich ehrwürdig vor dem Trainer verneigen? Na das fängt ja gut an…

Nach 3 Wochen

Techniken wie Gedan-Barai, Zenkutsu-Dachi kann ich ja schon richtig gut – aber wo bleibt die Handkante?…

– Oh Pu, tief stehen, so was ödes, das strengt ja an

– Oh nein, schon wieder einen Muskelkater und diese ollen Blasen an den Füßen

Nach der ersten Prüfung zum Weißgurt

Pff… erste Prüfung erfolgreich bestanden.

– Oh, ich hab ja gar keinen Muskelkater mehr und schon richtige Muskeln, wie Jean Claude van Damme. Weit kann’s ja nicht mehr sein bis zum Schwarzgurt…

– Beim Partnertraining, dem Kumite treten wir uns nicht zusammen und schlagen uns nicht k.o.? Ist ja langweilig, vorher abstoppen… das hab ich mir aber anders vorgestellt

Als Gelbgurt

Karate kommt nicht von China, sondern von der Insel Okinawa.

– Bruce Lee ist ja gar nicht der Begründer des Karate, sondern Gichin Funakoshi…

– Aha, nicht Kampfsport oder Prügelsport, sondern Kampfkunst…

– Karate entwickelte sich, weil der Shogun das tragen von Waffen verboten hatte. Die Samurai nutzten diese Situation aus und plünderten die wehrlosen Bauern aus. Daraufhin mußten sich die Bauern verteidigen – hatten aber keine Waffen dazu. Also entwickelte sich die waffenlose Kunst der Selbstverteidigung – Karate genannt und weitere Kampfkünste…

– Endlich einen neuen Fußtritt: Yoko-Geri…

– Aha, Gohon-Kumite…

– Kata, was ist denn das? Aha. Kampf gegen mich selber. Wie eine Art Schattenkampf, gegen mich selbst – Kata heißt Form.

– Wieder eine neue Kata, Heian-Nidan cool…

Als Orangegurt

Karate ist eine Lebenskunst – eine Lebenskunst und nicht nur ein Sport…

– Eine neue Kata, Heian-Sandan, weit kann’s ja nicht mehr sein bis zum Schwarzgurt…

Nun stelle ich mir doch die Frage; und so manch einer auch: Warum mache ich eigentlich Karate? Ich darf mich doch sowieso nicht prügeln und darf kein Schlägerheld in der Schule sein… ist ja öde. Karate darf nur im Notfall angewendet werden – im Notfall. Es gibt keine richtige Anwort dafür. Man macht es einfach – Tag für Tag, Monat für Monat und Jahr für Jahr… Der Trainierende scheint es für den ersten Augenblick gar nicht zu merken, daß er sich verändert und zwar zum guten hin. Denn:

„Karate-do beginnt mit Respekt und endet mit Respekt“

„Karate ist ein Helfer der Gerechtigkeit“

„Erkenne zuerst dich selbst, dann den anderen“

„Befreie deinen Geist“

„Denke nicht, daß Karate nur im Dojo stattfindet“

„Verbinde dein alltägliches Leben mit Karate, dann wirst du Geistige Reife erlangen“

(Einige der Shoto-niju-kun von dem Begründer des Karate: Gichin Funakoshi)

Als Grüngurt

Richtig Power beim Kumite machen, aber trotzdem im letzten Augenblick vor dem Gegner abstoppen und nicht zuschlagen…

– Karate muß man leben und nicht nur wie ein blindes Huhn ohne Sinn und Verstand machen – ohne zu wissen warum.

Als Blaugurt

So langsam verstehe ich, warum ich so lange bis zur nächsten Gürtelprüfung warten muß; und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Es wäre doch zu peinlich, mit einem Schwarzgurt um den Hüften das Niveau eines Grüngurtes zu besitzen. Wie schlimm wäre es doch, mit einem noch nagelneuen Gürtel die nächste Gürtelprüfung zu absorbieren – wie scheußlich, man kann gar nicht zeigen, wie gut und kräftig man mit seinem vorigen Gürtel trainiert hat – man kann gar nicht zeigen, wie zerfetzt und abgenutzt er schon deswegen ist.

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