Perfekt und doch nicht Perfekt

Safar Sensei war einer der erfolgreichsten Karateka seiner Zeit. Dies verdankt er wie er immer wieder betont allein dem Umstand, dass er von den besten Karateka seiner Zeit lernen durfte.

Safar Sensei erzählt: Am Tag vor meiner Nidan-Prüfung habe ich die Pan-Amerikanischen Meisterschaften im Kumite gewonnen. Von den vier Leuten, die am nächsten Tag an der Prüfung teilnahmen, hatte ich drei im Wettkampf geschlagen. Aber als es dann zur Prüfung kam, haben alle drei bestanden und ich bin durchgefallen. Ich konnte die Entscheidung nicht verstehen und verzweifelt beschloss ich, dass Dojo zu verlassen.

Nach zwei Tagen zog es mich allerdings schon wieder dorthin zurück. Ich trainierte so hart wie ich konnte, aber Sensei hat einen Monat lang mit mir kein Wort gewechselt. Schließlich rief er mich eines Tages doch in sein Büro. Er fragte mich: „Sáfár, warum wolltest Du die Prüfung machen?“ Ich sagte ihm, dass ich sein Urteil über meine Leistung gewünscht habe, dass ich aber nicht verstehen kann, dass ich durchgefallen bin und die Leute, die ich beim Wettkampf geschlagen hatte, bestanden haben.

Sensei antwortete mir: „Warum willst Du dich ständig mit anderen vergleichen? Du bist so gut, wie Du sein kannst. Du stehst Dir selbst gegenüber. Wettkampf hat damit nichts zu tun. In der Prüfung zeigt sich wahres Karate. Du bist durchgefallen weil Du nicht Dein bestes gegeben hast!“

Später ergänzte Safar Sensei noch eine Begebenheit, die sich zwar nicht unmittelbar im Anschluss ereignete aber doch für seinen weiteren Lebensweg entscheidend war.

Okazaki Sensei nahm ihn einmal beiseite und sagte: „Dein Leben steht an einem Scheideweg. Du musst Karate unterrichten, damit du Karate nicht verlierst.“

Okazaki Sensei gab Safar Sensei eine schwierige Aufgabe aber Safar Sensei erkannte, dass er eigentlich nur noch hinter Anerkennung in Form von Pokalen und Medaillen her war und zu einem – wie er sich ausdrückt – „Idioten“ geworden war. Er musste etwas verändern und er wurde Lehrer.

„Dadurch,“ so sagt er, „kann ich das, was ich erhalten habe, denen die nach mir kommen, weitergeben und mein Wissen und Können wird dadurch nicht mit mir vergehen. Was haben denn all die großen Sportler von ihrem Leben im Sport? Sie können ein paar Pokale, Medaillen und Urkunden vorweisen – doch das sind nur Erinnerungen. In meinen Schülern sehe ich Tag für Tag die Resultate meiner Arbeit und das gibt mit Kraft.“

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