Karate

Karate soll in erster Linie für den Menschen sein. Damit will ich folgendes zum Ausdruck bringen: Durch das Training können Menschen aller Altersgruppen ihre koordinativen Fähigkeiten schulen, weiterentwickeln oder aber erhalten. Ferner wird das Muskelsystem ausgebildet, was auf lange Sicht gesehen zum einen der Körperkraft dienlich ist und damit natürlich auch die allgemeine Gesundheit fördert. Doch nicht genug damit – durch das Training kann eine gesunde Körperhaltung erlernt werden, was dem Trainierenden vor allem natürlich in späteren Lebensjahren zugute kommen wird. Aber auch dies ist deckt noch längst nicht das gesamte Spektrum der Vorteile des Karate ab. Man lernt nämlich sozusagen „nebenbei“ sich selbst gegen Angriffe (verbale als auch tätliche) zur Wehr zu setzen und gewinnt Selbstvertrauen.

Der allerwichtigste Aspekt des Karate liegt jedoch keinesfalls in einem der vorgenannten Punkte. Vielmehr ist das traditionelle Karate, so wie auch wir es betreiben, insgesamt darauf ausgerichtet, den Menschen als ganzes weiterzuentwickeln. So soll der Karateka (jap. = Karate-Mann/Frau; Trainierender im Karate) neben den Techniken vor allem auch sein gesamtes Verhalten weiterentwickeln, bewußter leben, anderen helfen – kurz ein besserer Mensch werden, ein Beispiel für andere bilden.

Deshalb werden wir in unserem Verein auch niemals Schläger dulden – ganz abgesehen davon, daß Leute die mit derartigen Absichten im Hinterkopf zum Training kommen dort sowieso keine Chance haben, da ihnen alles mit Sicherheit viel zu lange dauern wird.

Im normalen Karate-Training lernt man in erster Linie, seine Hände und Füße effektiv einzusetzen, um sich auch gegen einen körperlich überlegeneren Gegner zur Wehr setzen zu können. Wichtig ist der an sich defensive Charakter des Karate, der auch durch die Bezeichnung selbst zum Ausdruck gebracht wird. Karate ist japanisch und bedeutet soviel wie „leere Hand“ – also waffenloses Kämpfen.

Die Kampfkunst Karate kann auf eine sehr lange Tradition zurückblicken. Sie wurde insbesondere von den Bauern auf der Japan vorgelagerten Insel Okinawa praktiziert, weil den dort lebenden Bauern das Tragen von Waffen durch die japanischen Besatzer verboten worden war. Um sich der Willkür der Samurai widersetzen zu können, entwickelten sie eine Kampfkunst, die in ihren Grundzügen das heutige Karate ausmacht.

Richtig bekannt wurde Karate allerdings erst Mitte dieses Jahrhunderts als Gichin Funakoshi begann, die Kampfkunst von Japan aus in alle Welt zu verbreiten. Schon heute zählt Karate zu den weltweit am meisten ausgeübtesten Sportarten und wird von zahlreichen Sportmedizinern als eine der geeignetsten Sportarten angesehen, um den Körper optimal zu entwickeln.

Das Karate lehrt also Abwehrtechniken mit Händen und Füßen und zugleich auch Angriffstechniken, wobei dem Erfindungsreichtum des Verteidigers keinerlei Grenzen gesetzt sind. Jedes Körperteil kann man sowohl zu Verteidigungs- als auch Angriffszwecken nutzen, wobei aber immer der Grundsatz gilt: Niemals als erster angreifen! (und zwar weder mit Worten noch mit Taten) Ein guter Karateka meidet Konflikte, steht aber wenn es notwendig werden sollte, für den Schwachen ein.

Der Fortschritt eines Karateka wird durch verschiedene Gürtelfarben dokumentiert. Je dunkler der Gürtel, desto weiter ist der Karateka. Es gibt insgesamt 9 Schülergrade und weitere 10 Meistergrade. Zum Erlangen eines jeden Grades ist eine Prüfung erforderlich, die ihrerseits natürlich wieder eine intensive Vorbereitungszeit voraussetzt. So kann man davon ausgehen, daß ein Dan-Träger (= Träger des schwarzen Gürtels) mindestens schon fünf bis zehn Jahre intensiven Trainings hinter sich gebracht hat. Wer da also glaubt er könne nur mal so schnell ein paar Gürtelprüfungen machen, der ist gewaltig auf dem Holzweg.

Jeder aber, der schon so lange Zeit trainiert hat, wird diese Zeit nicht mehr missen wollen, denn für ihn ist Karate zu mehr als nur einer bloßen Freizeitbetätigung geworden. Man braucht sein tägliches Training, man kann ohne ihm nicht leben. Immer wieder geht man an den Rand der Erschöpfung, um dann wieder einmal seine eigenen Grenzen zu überschreiten. Dann hat man nach dem Training das Gefühl, aus der Erschöpfung heraus wieder neue Kräfte für den nächsten Tag schöpfen zu können. Man lernt durch das Training mit vielen Problemen ganz anders umzugehen und sie vor allem auch zu lösen. Man begreift, daß ein jeder alles vermag, wenn er nur will. – Der Wille ist alles!

Ralph P. Görlach

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