Der wahre Lehrer

Nachdem Hui-neng Gewand und Almosenschale des fünften Patriarchen empfangen hatte, mußte er von den anderen Mönchen fliehen. Mit besonderen Eifer verfolgte ihn einer namens Hui-ming, der die ab Zeichen der Würde an sich bringen wollte. In einer einsamen Felsenschlucht waren die Verfolger schon nahe daran, den 6. Patriarchen einzuholen. Da warf dieser Gewalt und Almosenschale auf einem Stein, verbarg sich im Gebüsch und sagte: „Das Gewand ist das Zeichen des Glaubens. Kann Gewalt es rauben?“

Als Hui-ming zu dem Felsen kam, versuchte er, Gewand und Almosenschale an sich zu nehmen, doch so sehr er sich anstrengte, er vermochte sie nicht zu heben. Erstaunt rief er: „Meister Hui-neng! Ich komme um der Lehre willen, nicht um des Gewandes willen. Bitte, belehrt mich!“

Da trat Hui-neng aus dem Gebüsch hervor, setzte sich auf dem Felsen und schwieg. Nach langer Zeit sprach er: „Wenn du die Lehre sucht, mußt du zuerst alle Gefühle und Leidenschaften abstreifen und dich frei machen von jedem Gedanken. Und jetzt, da kein Gedanke mehr dein Herz verdunkelt, sage mir: Was ist seine ursprüngliche Gestalt?“

In diesem Augenblick ernannte Hui-ming die Erleuchtung. Er verneigte sich vor dem Patriarchen und sagte: „Ihr seid mein Lehrer!“

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